Hoher Dieb (Gran Ladro) 2.730 m
Ein erster, nordseitiger Aufstieg zu den Kofelraster Seen, an der Tarscher Alm beginnend, war uns witterungsbedingt, oder besser gewitterbedingt, nicht gegönnt. Da sich der Weg 15 / 15A, mit seinen vielen sehr steilen Passagen und noch mehr Blockwerk auch als recht garstig entpuppte, sparten wir uns hier einen zweiten Versuch und gingen das Ganze später vom Süden her an.
Eine Autofahrt ins Ultental ist eh immer ein Spaß für sich, testen doch auch alle namhaften Hersteller ihre neuen Gefährte auf dieser kurvenreichen Strecke. Also nix wie hinauf ins Tal bis Kuppelwies und hier rechts abgebogen, der Ausschilderung Steinrast folgend. Unweit der Wirtschaft konnte geparkt werden und auch der Weg zur Kühbergalm hat hier seinen Ausgangspunkt. Dieser führte uns anfangs noch schattig, aber steil nach oben, bevor eine flachere Passage über Wiesen und durch Lärchenwald den Schweiß etwas weniger perlen ließ. Mit Erreichen des 4A-Weges, gleichzeitig das Finale zur Kühbergalm, wurden die Schritte dann wieder schwerer. Mit fast 300 Höhenmetern in den Beinen waren wir froh unser zweites Frühstück auf der Alm zu uns nehmen zu können. Allein die Erdbeer-Joghurt-Torte war die Plage schon wert.
Gut gestärkt konnte somit die nächste Hürde angegangen werden. Über weite Almböden, die irgendwie endlos erschienen, steilte sich der Pfad stellenweise schon enorm auf. „Über den Buckel noch, dann kommen die Seen“, war unser gängiger Spruch, nur das statt der Seen immer eine weitere Hochfläche und ein weiterer Buckel folgten. Spaß machte es trotzdem. Nicht nur die blühenden Alpenrosen waren eine Augenweide, auch die vielen anderen Kräuter und Blumen, welche Rosmarie zu bestimmen wusste, natürlich mit den dazugehörigen Anwendungsmöglichkeiten, waren ein Fest für Augen und Seele. Dieses fand natürlich am Seeufer seine Vollendung. Blauer Himmel, Sonne, das Plätschern der Wellen und die Wollgraswiesen ließen die Herzen höherschlagen und uns eine ausgiebige Rast an windgeschützter Stelle genießen. Zum Baden war das Wasser dann doch etwas zu frisch. Die vom Aufstieg erhitzten Körper ließen sich aber bestens mit dem mitgebrachten Bier abkühlen.
Während Kerstin und Rosmarie Ruhe und Sonne noch ordentlich in sich aufsaugten, machten sich Franz und ich auf den Weg zum Gipfel des Hohen Dieb. Hier spricht man auch vom Monte Berlusconi – was auch für Nicht-Südtiroler unschwer zu verstehen ist. Der Schönheit des Aufstieges und der herrlichen Aussicht vom Gipfel tut das natürlich keinen Abbruch. Der Weg ist recht steil, für den halbwegs trainierten Bergfreund aber problemlos zu gehen. Bald schon hatten wir den Nordgipfel erreicht. Tiefblicke ins Vinschgau und ins Ultental waren geradezu majestätisch. Im Westen das Hasenöhrl, als schneebedeckter Gipfel des Zufrittkamms, hüllte sich in dunkle Wolken, in deren Schatten der Arzkarsee zu sehen war. Nach Osten hin konnte Franz, natürlich mit dem Fernglas, sogar den heimischen Hof erkennen, während die Wolken über Muttegrub und Rontscher den Blick gen Naturnser Hochwart versperrten. Vom Nordgipfel geht es in wenigen Minuten auf einem Grat zum Südgipfel, der geringfügig niedriger, dafür mit einem großen Gipfelkreuz versehen, uns herrliche Tiefblicke ins Ultental gestattete. Mit einem Gipfelschnaps in der Blutbahn traten wir dann bald den Rückweg an, denn schließlich waren wir mit unseren Damen zum Essen an der Kühbergalm verabredet.
Der Abstieg entsprach unserer Aufstiegsroute. Rundwanderungen sind natürlich möglich, z.B. von den Kofelraster Seen zum Tarscher Joch und hier hinunter zur Kuppelwieser Alm und von dort zur Steinrast, allerdings sind das sehr weite, tagesfüllende Wege. Ein Abstecher zur Riemerbergl Alm, auf Weg Nr. 4, oder zur Marschnell Alm, auf Weg Nr. 10B, knapp unterhalb der Kofelraster Seen beginnend, bietet sich zwar an, endet aber letztendlich wieder an der Kühbergalm, um hinunter zur Steinrast zu kommen.
Unsere Aufstiegszeiten in ruhiger Gangart (ohne Pausen):
Pünktlich zum Essenstermin trafen wir auf der Alm ein. Ein Bier verdampfte förmlich auf seinem Weg durch meine Kehle und ein Espresso wirkte bis in die breitgetretenen Fußsohlen. Das Essen übertraf dann unsere Erwartungen deutlich. Egal ob Hirtenmaccheroni oder Knödeltris, ein Gaumenschmaus vom Feinsten, den man sich nicht entgehen lassen sollte. So gut verpflegt war der Weg zur Steinrast auch kein Problem mehr. Wieder ganz unten im Vinschgau angekommen, erschlug uns hier die brütende Sonne bei 36°C förmlich und ließ uns nach der angenehm frischen Bergluft hoch oben im Ultental sehnen.