Akureyri und der Berg Súlur
Akureyri, die Stadt am Fjord Eyjafjörður, nur 100 km vom Polarkreis entfernt, ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Mit reichlich 17.000 Einwohnern ist sie, nach Reykjavik und dem Hauptstadtgebiet die größte Ortschaft Islands. Die "Hauptstadt des Nordens" ist zugleich Zentrum für Kultur, Handel und Dienstleistungen. Die größten Reedereien des Landes sind hier angesiedelt, es gibt eine Universität, eine Schule für bildende Künste... Das der Tourismus hier eine immer größere Rolle spielt, das ist auch der Nähe zu Attraktionen, wie dem Wasserfall Goðafoss, dem Mückenseegebiet Mývatnssveit , den Inseln Hrísey und Grímsey, der Trollhalbinsel Tröllaskagi und vielen anderem mehr geschuldet. Aber auch in der Stadt und deren näherer Umgebung selbst gibt es viel zu erleben und zu bestaunen.
Akureyri strahlt mit seiner fast exotisch anmutenden Vegetation, ein südliches Flair aus, wie schon gesagt, 100 km vom Polarkreis entfernt! Davon kann man sich nicht nur im herrlichen botanischen Garten überzeugen. Auch die Pflanzen in ihrer Vielfalt am Wegesrand sind beachtlich!
Pflicht sollte ein Besuch der Eiskathedrale sein, ein imposantes Bauwerk, welches mit seinem Baustil die raue und bergige Umgebung des Eyjafjörður widerspiegeln soll. Schlicht ausgestattet, mit 12 beachtlichen Glasfenstern im Kirchenschiff, welche Episoden aus dem Leben Christi darstellen, in ihrem unteren Teil aber wichtige Personen und Ereignisse der isländischen Geschichte würdigen.
Nicht zu versäumen sollte auch ein Besuch des Kunstmuseums sein. In den weitläufigen Hallen einer ehemaligen Molkerei sahen wir die beeindruckende Ausstellung einer jungen isländischen Künstlergeneration. Zugegeben, nicht immer haben wir verstanden, was der Künstler uns mit seinem Werk sagen will. Dies lag nicht unbedingt an den englischen Dokumentationen :-)
Den schönsten Ausblick auf Akureyri genießt man vom Osten des Eyjafjörður. Die Lage der Stadt, an den Hängen der sich harmonisch aufsteilenden Berge, das Hafenbecken oder scheinbar aus dem Nichts auftauchende oder im Fjord verschwindende Flugzeuge, wirken hier am Stärksten auf den Beobachter.
Was wäre eine große isländische Stadt ohne einen eigenen Hausberg? Akureyri hat natürlich einen Solchen, namens Súlur. Südwestlich der Stadt erhebt er sich majestätisch über den Eyjafjörður. 1.213 m über dem Wasserspiegel des Fjordes, nicht gewaltig, mit alpinen Dimensionen verglichen, dennoch nicht weniger anstrengend, will man ihm auf das im August noch mit Schneefeldern gefleckte Haupt steigen. Von seinem Nordgipfel, unserem Ziel, soll eine Sicht bis zur Insel Grímsey möglich sein, von seinem Südgipfel gar bis zum magischen Berg Herðubreið oder zum eisgepanzerten Vulkan Vatnajökull.
Vom Parkplatz, in der Nähe der Mülldeponie, welcher mit normalen PKW auch bequem erreichbar ist, starten wir unsere Gipfeltour, welche immerhin mit 1.010 zu bewältigenden Höhenmetern aufwartete. Kein Spaziergang also! Das Wetter meinte es gut mit uns, obwohl sich der Gipfel des Súlur hinter Wolken versteckt. Angenehme Wandertemperaturen, so um die 12 °C, lassen uns die gar nicht so karge Landschaft genießen. Die Gletscherflächen der nahen Bergwelt glänzten in der Sonne und Blumen, Moose, Flechten in irrer Farbenvielfalt faszinierten uns. Begleitet vom Pfeifkonzert der Heerscharen hier nistender Goldregenpfeifer, ging es zügig voran.
Mit zunehmender Höhe wird es immer ruhiger. Die Regenpfeifer fühlen sich in der nun aus Schutt, Geröll und Schnee bestehenden Welt nicht wohl, auch die zwei Schafe, welche uns argwöhnisch beäugen, nehmen rasch den Weg talwärts, um saftiges Grün zu genießen. Ein Blick zurück noch, auf den sonnenbeschienenen Fjord und schon ging es in die wolkenverhangenen Gipfelaufbau des Súlur hinein.
Temperatur am Gipfel, geschätzte 0°C, dazu ein eisiges Lüftchen. Obwohl wir von der Anstrengung gut durchgewärmt am Gipfel standen, hielten wir es nicht lange hier oben aus. Die Wolken gaben nur wenige Tiefblicke ins Tal frei, in die Ferne leider gar nicht. Nach kurzer Rast und dem Gipfelbucheintrag machten auch wir es den Schafen nach, schnell hinab ins warme Tal zu kommen.
Analog dem Aufstieg ging es den Súlur auch wieder hinunter. Den Südgipfel und den Rückweg über die Wanderhütte Lambi wollten wir auf Grund der schlechten Sicht nicht in Angriff nehmen. So trafen wir nach gut 3 Stunden wenigsten einmal Gleichgesinnte auf unserem Gipfelpfad. Ja, der Isländer hält nichts vom "frühen Vogel", wie wir noch oft feststellen konnten.
Glücklich und zufrieden standen wir nach reichlich 4:30 Stunden wieder an unserem Ausgangspunkt. 2 Stunden hinauf, 1:50 Stunden hinab und ein wenig Pausen dazwischen. 1.010 Höhenmeter zeigte unser Navi und eine Wegstrecke von 10,9 km. Wer hätte das gedacht, wo doch alles so zum Greifen nah aussah!
Der Tag war noch jung, also belohnten wir uns für die Strapazen zuerst in einem Kaffi, bei lecker Kuchen und anschließend mit einer ausgedehnten Strandwanderung...