JEŠTĚD Winter SkyRace
3. Dezember 2016
An verregneten Herbstabenden findet sich beim Surfen in den Weiten des Internets so manch interessante Laufveranstaltung. So auch das „JEŠTĚD Winter SkyRace“. Coole Pics auf der Event-Website und nach wahrhaften Übersetzungsk(r)ämpfen auch ein erkennbar tolles Programm ließen ein gewisses Interesse in mir aufkeimen. Aber „Nein“! 21,5 km sind zu kurz und am 3. Dezember will ich doch meine läuferische Winterruhe genießen.
Ein Samstagabend zum Ende November. Das Fernsehprogramm ist wieder mal grauenhaft, fällt mir nach einem guten Budweiser und einem Becherovka das tschechische SkyRace wieder ein. Eigentlich haben wir an diesem Adventswochenende noch nichts vor. Eigentlich ist so viel Ruhe nicht gut. Eigentlich können auch 21,5 km mal Spaß machen. Eine halbe Stunde später bin ich angemeldet und ein Hotel für ein verlängertes WE in Liberec ist gebucht.
Eher verhalten sind die Reaktionen der üblichen Verdächtigen bezüglich eines Mitkommens. Aber kurz vor Ultimo entscheiden sich Aldo, Wiese und Torschti nebst Anhang ebenso für diesen Kurztrip in das nordböhmische Jeschkengebirge. Für das SkyRace selbst und auch für die Abendgestaltung war damit zugleich mehr Spaß garantiert!
Das „SKI AREÁL JEŠTĚD“ sieht uns dann leicht bibbernd im Grau des Morgennebels an der Startlinie stehen. Schön ist anders. Aber es soll ja noch sonnig werden. Nur der Glaube daran fehlt mir. Das nasse Wetter der Vorwoche und der folgende Kälteeinbruch haben die unteren Höhenlagen ordentlich vereisen lassen. Oben, auf dem „Ještěd“, dem „Jeschken“, wird uns Schnee erwarten. 1.012 m hoch erhebt sich der Gipfel. 100 weitere Meter hoch ist der futuristische Fernsehturm, inklusive Hotel, auf seinem Haupt. Zwei Mal im Laufe des Rennens werden wir diesen „Höhepunkt“ erleben dürfen. Unsere Damen haben es besser. Sie fahren bequem mit der Seilbahn hinauf, können uns dort oben anfeuern und nebenbei die kulinarischen Spezialitäten Böhmens genießen.
Endlich der Startschuss. Ein Eiertanz über die vereiste Fläche des Parkdecks der Skistation, dann geht es hinein in den Wald und sogleich steil hinauf. Nach wenigen hundert Metern ist auch von Eis keine Spur mehr. Schöner frischer Schnee macht das Laufen wieder angenehm sicher, wobei Laufen in Anbetracht der heftigen Steigung eher überzogen ausgedrückt ist. Zwölf Minuten für den ersten Kilometer sprechen Bände. Sogleich geht es wieder steil hinab und nach 2,6 km wartet schon warmer Tee auf die 268 Starterinnen und Starter, von denen nur 5 das Rennen nicht beenden werden. Es läuft super! Bis reichlich 7,5 km geht es teils auf Trails, teils auf Forstwegen stetig bergab. Dann erhöht der Aufstieg zum VP bei km 8,7 die Herz- und senkt die Trittfrequenz. Oben angekommen lacht uns die Sonne an. Eine zauberhafte Winterlandschaft! Bis zum Anstieg auf den Jeschken, welcher bei ca. 10,5 km beginnt, ist es jetzt ein Genusslauf. Danach wieder Konzentration auf schmalen und steilen Singletrails durch den tief verschneiten Wald, bis an einem Fahrweg der Schlussanstieg in gleißender Sonne sichtbar wird. Was für eine Schinderei in grandiosem Gelände! Für den darauffolgenden Downhill wären Schneeschuhe nicht schlecht gewesen. Aber so geht es rasanter hinunter. Nach 14,2 km gibt es noch einmal Verpflegung. Kraft tanken für den zweiten Gipfelsturm auf den Jeschken, der nach ca. 17 km wieder beginnt und weit steiler ist, als der Erste. Aber auch das wird gemeistert. Oben angekommen lasse ich den angebotenen Schluck Wodka lieber sein. Torschti hingegen lässt ihn sich nicht entgehen, bevor wir uns kurz nacheinander in die finale Talfahrt stürzen. Stürzen ist gut! Bis 300 m vor dem Ziel geht es sturzfrei, dann schickt mich ein vereister Stein doch noch krachend in die Waagerechte. Das „Aua“ erstreckt sich zum Glück nur auf eine blutende Nase, mit der ich, gemeinsam mit Torschti, die Ziellinie überquere (3:10:42 Std. Platz 158). Die Dame vom Med-Punkt klärt das Problem aber recht schnell, so dass wir unser wohlverdientes Ziel-Bier trinken können, während wir auf Aldo (3:39:44 Std. Platz 219) und Wiese (3:46:48 Std. Platz 227) warten, die kurze Zeit später ebenfalls erfolgreich finishen. Die Gesamtsiege gingen an Pavel Brýdl, in 1:59:03 Std. und Zuzana Kocumová in 2:16:43 Std. (Gesamt 10. !!!).
Das „JEŠTĚD Winter SkyRace“ ist ein toller Lauf, den man sich nicht entgehen lassen sollte. Die 21,5 km mit 1.350 hm sind ganz schön fordernd. Das Eis im unteren Teil, knietiefer Schnee in den Kammlagen, und die herben, enorm steilen Schlussanstiege durch blockiges Gelände auf den Jeschken bedingen vollste Konzentration.
Alle Infos zum Lauf unter www.jestedskyrace.cz (in Tschechisch). Es gibt auch eine Frühjahrsversion des Rennens im April, 3 km und 200 Höhenmeter mehr!
Liberec ist zudem eine schöne Stadt, malerisch zwischen Jeschken- und Isergebirge gelegen, hat sie zahlreiche Sehenswürdigkeiten. Der Zoo und der Botanische Garten sind einen Besuch wert und für Sommer- wie für Wintersportler gibt es unzählige Möglichkeiten aktiv zu werden. Die Altstadt ist wirklich pittoresk und der Weihnachtsmarkt vor dem Rathaus ist allemal einen Besuch wert. Die Köstlichkeiten der böhmischen Küche darf man sich ebenso nicht entgehen lassen, wie das eine oder andere Glas der heimischen Spitzen-Biere!
Fotos: K./V. Roßberg, A. Dictus, A. Bergmann, ***Veranstalter
2. Dezember 2017
Das 2016 am Jeschken erlebte coole Rennen lockte uns auch 2017 wieder fast alle nach Tschechien. Die deutsche Gemeinde bei diesem Lauf war aber auch allgemein deutlich angewachsen. Wenn ein Lauf Qualität hat, spricht sich das eben unter den üblichen Verdächtigen sehr schnell herum.
Die Veranstalter hatten alles daran gesetzt die 2016-Auflage noch zu toppen. Wie viel Mühe dahinter steckt, kann man nur erahnen. Da fiel es auch leicht darüber zu lächeln, dass die Startnummern durch einen Fehler beim Druck den falschen Namen trugen. So war ich eben der "Tomas" und nicht der "Volker" :-)
Nachdem die Startunterlagen abgeholt waren, hieß es erst einmal ein wenig bibbern. Die Zeit bis zum Startschuss war noch lang. Kinderläufe anschauen, Kaffee trinken, die kleine Messe anschauen, Kaffee trinken, den Start der Winter-Trailer anschauen, Tee trinken...., umziehen und ungeduldig warten, dass der Startschuss schallt.
Endlich ging es los. Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt brachten angenehme Bedingungen. Keine Eispanzer auf den Trails, der Schnee gut griffig und nur selten mal eine schlammige Stelle, ließen es zu Druck auf die Sohlen zu geben. Keine Spitzentänzerei über Eisplatten wie im Vorjahr! In den höheren Lagen riss auch der Nebel auf und das Laufen in strahlendem Sonnenschein und dem gleißenden Weiß des Schnees war einfach traumhaft schön.
Nach der ersten Überquerung des Jeschken-Gipfels und dem folgenden Downhill ins Tal war es mit diesen Winterfreuden schnell vorbei. Nasskalte Nebel, keine Aussicht und der Lärm der Schneekanonen an den alpinen Pisten ließen die Mundwinkel nach unten gleiten. Der deutlich schwierigere zweite Gipfelanstieg forderte aber so viel Einsatz von den Läufern, dass gar keine Zeit für schlechte Laune blieb. Im dicken Nebel endlich oben, verschmähte ich den Flirt-Wodka und stürzte mich in den Downhill zum Ziel. Ein Genuss im tiefen Schnee und, im Gegensatz zu 2016, auch sturzfrei!
Nach 2:58:02 Std. überquerte ich die Ziellinie. Platz 149 von 305 Finishern. 12:40 min besser als im Vorjahr (das Bergablauf-Training des Sommers zeigte Wirkung) und nach Ronny Rieger (2:28:52 Std.) und Thomas Sacher (2:32:05 Std.) drittbester Deutscher. Damit war ich mehr als zufrieden. Das wäre natürlich einen Drink an der Bar im Ziel wert gewesen, leider musste ich fahren... Dafür gab es auf dem sehr schönen Liberecer Weihnachtsmarkt zu späterer Stunde genügend heißen Met und Glühwein....
Die Siege im SkyRace gingen an Zuzanna Kocumová (2:13:20 Std.) und Jiří Čípa (1:52:30 Std.). Zuzanna war damit im Gesamteinlauf auf Platz 18!!!! Frauen sind eben die härteren Männer!
Fotos: K./V.Roßberg / *sportshots Lukáš Budínský