Franz-Huber-Steig im Trailrunning-Modus
Am 23. Juli 2007 waren Kerstin und ich schon einmal auf den schmalen und ausgesetzten Pfaden des Franz-Huber-Steigs in der Texelgruppe gewandert. Eine einmalig schöne Aktion die nach einer Wiederholung förmlich schrie.
Mehr als 10 Jahre später, am 12. Oktober 2017 war es so weit. Die Familie gab mir am letzten Urlaubstag mehr oder weniger frei, damit ich mich in Sachen Trailrunning austoben konnte. Bei schönstem Herbstwetter brauchte ich auch nicht lange zu überlegen wo. Einen grandiosen Trail hat der Herr Huber da für die Nachwelt geschaffen und genau der musste es sein, Gipfelerlebnis inklusive.
Der Start dazu erfolgte direkt vor der Haustür des Obermairhofs, unserem langjährigen Urlaubsdomizil und führte zum Warmlaufen zunächst eher flach am Partschinser Waalweg entlang. Mit dem Abzweig auf den Weg Nr. 1, der an zahlreichen Schalensteinen vorbeiführt (Kultstätten, bei Interesse Google bemühen) war dann aber schon der Ernst des Trails gekommen, sprich die Höhenmeter wollten niedergerungen werden. Richtig bissig wurde es nach der Passage von Tabland, auf dem Weg zur gleichnamigen Alm. Auf 1.751 m Höhe liegt sie und nach einer reichlichen Stunde konnte ich, mit 1.000 hm in den Beinen, die gedankenlos in der Sonne sitzende Hüttenwirtin aufschrecken. Kundschaft so früh am Morgen? Nein, ich bin nur auf der Durchreise....
Kein Geschäft mit mir zu machen! Die Wirtin zog sich zurück und ich begann nach einem kräftigen Schluck aus der Trinkblase mit dem Sahnestück des heutigen Laufes, dem Aufstieg bis unter die schroffe Südwand des Tschigat und von dort mit dem Schwenk nach Westen, auf den Franz-Huber-Steig und damit zum Höhepunkt des Tages, der Sattelspitze mit ihren 2.428 m.
Der Aufstieg stellt sich recht anspruchsvoll dar, zunächst über Almböden, später über blockiges Gestein. Nur kurze Passagen sind laufbar. Zudem ist die Wegfindung, bedingt durch die teilweise recht verblichenen Markierungen, nicht immer einfach. Schweißtreibend ist das Ganze aber allemal, ein Blick in die wunderschöne Herbstlandschaf entschädigt aber für alle Mühen.
Mit butterweichen Knien erreichte ich auf ca. 2.200 m den Franz-Huber Steig. Kein Mensch weit und breit zu sehen. Ein paar Dohlen drehten ihre Kreise am Tschigat. Himmlische Ruhe. Der Himmel in unglaublichem Blau. Im Talkessel Richtung Bozen waberten noch die Morgennebel. Am Horizont die Dolomiten. Marmolada, Rosengarten, Latemar..., gut 100 km Luftlinie entfernt! Ich hätte heulen können vor Glück.
Stundenlang hätte ich hier noch stehen und einfach nur schauen können! Aber weiter ging es. Die derbsten Höhenmeter lagen hinter mir. Die folgende Querung in den Südflanken der Stacklwand und der Sattelspitze erforderte hohe Aufmerksamkeit, war aber gut zu laufen, wobei enorme Tiefblicke für Gänsehaut sorgten. Der finale Aufstieg zum Sattelspitzgipfel ließ die Waden dann nochmals richtig glühen, bevor ich mich genüsslich am Gipfelkreuz niederlassen konnte.
Ein frisches Lüftchen zeugte davon, dass der Sommer 2017 Geschichte ist. Ich kramte meine Weste aus dem Rucksack bevor ich eine ausgiebige Fotosession startete. Ein Riegel und drei Pocketcoffee brachten frische Energie und Wärme in die Magengegend. Das vom Zahn der Zeit angenagte Gipfelbuch präsentierte sich mit: "Berg Heil wünschen der AVS Partschins und das Sodelspitz-Komitee - Sei gut zu dir und vergib den anderen!" Ich schrieb mich ein, lehnte mich zurück und genoss die Bergwelt. Ein Blick auf die Uhr mahnte mich, dass ich ja eigentlich rennend unterwegs sein wollte/sollte/könnte...
Die weitere Wegführung in Richtung Lodnerhütte erforderte zunächst etwas Blockkletterei. Später wechselten sich Querungen der Hänge über dem Zieltal mit leichten Klettereien ab. In den südseitigen Lagen zeigten sich hin und wieder noch einige Blümchen, während in den nördlichen, schattigen Lagen schon größere Schneeflecken zu finden waren.
Die Kletterstellen waren allesamt mit Drahtseilen oder Steighilfen gesichert. Dies muss erst in jüngerer Zeit erfolgt sein, denn ich kannte nur die eine Stelle auf obigem Foto. Hier sollte aber auch wirklich Obacht gegeben werden, denn ein Fehltritt würde ein jähes Ende der Trailrunner-Karriere bedeuten.
Nach halber Strecke wurden die Hänge sanfter und der Weg gutmütiger. Dafür nötigten mich aber immer wieder die Ausblicke in die unglaublich schöne Bergwelt zu kurzen Pausen. Auch Begleitung bekam ich nun. Eine Ziegenherde war der Meinung mich zur Lodnerhütte begleiten zu müssen. Das Gemecker war ja ganz nett, nur der Duft den die Damen verbreiteten, war nicht aus dem Hause Chanel.
Bald öffnete sich der Blick und im Herzen des oberen Zieltals strahlte mir die blendend weiße Lodnerhütte entgegen. Darüber die schon schneebedeckten Grate der nördlichen Texelgruppe, darunter schmiegt sich die Zielalm an den Berg. An der Lodnerhütte, die schon geschlossen hatte, wollte ich kurz rasten, bevor ich mich auf dem üblichen Wanderweg wieder ins Tal zurück machen wollte.
Der Franz-Huber-Steig war nun erfolgreich absolviert. Der Weg Nr. 8 war als mein Downhill-Trail eingeplant. Ein weiterer Blick auf die Uhr trieb mich zur Eile. Zwischen 15.00 und 16.00 Uhr hatte ich zugesagt an der gemeinsamen Kaffeetafel zu sitzen. An der Zielalm sah ich zwei einsame Wanderer auf der Terasse sitzen. Die ersten Artgenossen seit reichlich 3 Stunden! Wie eine Ziege auf Speed jagte ich den Weg hinunter, bis ich an der Ginglalm von gefühlt 1.000 dieser Tiere ausgebremst wurde. Sie ließen mich nicht wirklich vorbei, liefen aber auch nicht mein Wunschtempo. Kurz vor dem Kaserstoan bogen sie endlich nach rechts ab. Das Glockengebimmel hatte ich noch lange im Ohr und den herben Duft noch länger in den Nasenflügeln.
Früher als gedacht erreiche ich die Nasereithütte auf 1.523 m. Kurz hingesetzt, ein Radler geordert, welches zischend durch die Kehle rauschte und ab ging es ins Finale. Am Partschinser Wasserfall vorbei, auf dem Waalweg entlang... und 15.25 Uhr stand ich am Obermairhof und fragte Kerstin ob der Kaffee fertig sei ;-)
Der Franz-Huber-Steig ist in der Tat ein erstklassiger Wanderweg und generell auch zum Trailrunning geeignet. Trittsicherheit ist zwingend erforderlich, auch wenn mittlerer Weile alle kritischen Stellen versichert sind. Im Original beginnt er unweit des Hochganghauses als Weg Nr. 7b und endet an der Lodnerhütte. 4 Stunden Wanderzeit ab Hochganghaus werden offiziell ausgewiesen und diese sind sicherlich nicht zu großzügig bemessen.
Meine beschriebene Trailrunningvariante erstreckte sich über 23,1 km, wies eine Gesamhöhendifferenz von 2.202 m aus und die reine Laufzeit betrug 5:10:00 Std..
Als Kartenmaterial kann ich " Kompass 051 / Naturns - Latsch" empfehlen.