Sprudelndes Butterfass und goldene Wassermassen - bei Strokkur und Gullfoss
Unsere Zeit auf dem Eisland nähert sich ihrem Ende, höchste Zeit also, den berühmtesten Naturschauspielen der Insel einen Besuch abzustatten. Nur wenige Kilometer von unserem Basislager am Laugarvatn entfernt, wartet das erste davon auf uns. Im Geothermalfeld in Biskupstungur brodeln kleine und große heiße Quellen in reicher Zahl vor sich hin und eine davon springt mit ihren Wassermassen in schöner Regelmäßigkeit bis zu 30 m in den Himmel. Strokkur, das Butterfass, ist die aktivste Springquelle und "buttert" alle 3 - 5 Minuten mit lauten Zischen und Getöse. Danach wieder Ruhe, das Wasser wabert hin und her, bis sich eine Wasser-Glocke bildet und letztendlich das Schauspiel wieder von vorn beginnt. Butterfass deshalb, weil der Schacht dieser Quelle sich wie ein Butterfass nach unten verjüngt.
Bekannter als der Strokkur ist natürlich der Große, der "Stóra- Geysir". Von ihm haben alle Geysire weltweit ihren Namen geerbt. Nur hat der alte Herr, er ist schließlich schon gut 8.000 Jahre alt, beschlossen, in den Ruhestand zu gehen. Nur noch wenige Male im Jahr zeigt er sich. Wenn es ihm gut geht, mit 40 m hohen Fontänen, sonst eher mit Versionen von 10 m Höhe oder er blubbert gar nur ein wenig vor sich hin. Das kann sich schnell wieder ändern. Ein Erdbeben mit der richtigen Verschiebung, der unterirdischen Zuflüsse, kann auch für 8.000-jährige ein Jungbrunnen sein und der 20 m unter der Erdoberfläche befindliche, 127 °C heiße Quellfluss, steigt wieder steil und laut fauchend himmelwärts.
Gleich östlich von Geysir & Co. erstreckt sich das Habichtstal, Haukadalur, welches schon wegen seiner Stille einen Abstecher Wert ist. Bäume, ja sogar ein wenig Wald (für Island bemerkenswert), Blumen, ein friedlich vor sich hin sprudelndes Flüsschen - nichts ist mehr von der hektischen Betriebsamkeit an den nur gut 2 km entfernten Springquellen zu merken. Auf gut markierten Pfaden lässt sich das Tal wunderbar erkunden.
Man mag es kaum glauben, aber dieses beschauliche Tal war eines der geistigen Zentren zu Beginn der Besiedlung Islands. Teitur Ísleifsson, seines Zeichens Bruder des zweiten Bischofs zu Skálholt und ab 1090 Besitzer des Gutshofes im Haukadalur, gründete hier die erste Schule des Landes! Viele bedeutende Persönlichkeiten Islands genossen hier eine hervorragende Ausbildung.
Im Jahr 1030 wurde auch erstmalig eine Kirche errichtet. Das heutige Gotteshaus entstand 1939 auf den Grundmauern des vorhergehenden. Und natürlich gibt es auch eine Saga... In einer Höhle eines nahe gelegenen Berges wohnte einst der Riese Bergþór. Als er alt wurde, bat er den Bauern von Haukadalur, seinen Freund, ihn im Habichtstal zu begraben. Hier könne er nach dem Tode besser den Glockenklang der Kirche und das Rauschen des Baches hören. Als der Bauer schließlich den Wanderstab des Riesen fand, war dies das vereinbarte Zeichen, dass es mit Bergþór zu Ende gegangen war. Er begrub den Riesen dann nördlich der Kirche am Bach. Hier, befindet sich noch heute ein lang gestreckter Grasrücken, Bergþór's Grab.
Der Eisenring an der Kirchentür stammt angeblich vom Wanderstab Bergþór's. Die 1,4 m lange Eisenspitze des Stabes befand sich im 16. Jahrhundert ebenfalls in der Kirche.
Weiter geht die Fahrt, vom Habichtstal nach Nordosten, zum nächsten Naturschauspiel. Der "Gullfoss" (sprich Güttlfoss), der "Goldene Wasserfall" zieht die Menschen, die Touristen magisch an. In der rötlichen Abendsonne erscheint das milchige Gletscherwasser des Flusses Hvítá goldglänzend, wenn es über die Kaskaden in die Tiefe der Schlucht hinabstürzt. Die Abendsonne hatten wir zwar nicht, aber dennoch war das Erlebnis nicht weniger eindrücklich. Wie schon am Geysir steht man gebannt da und genießt dieses grandiose Bauwerk von Mutter Natur.
Der Gullfoss wäre beinahe für immer verschwunden, wenn die Pläne der isländischen Regierung 1907 ihre Umsetzung erfahren hätten. Energieerzeugung hieß der Plan und bedarf wohl keiner weiteren Erklärung. Der Bauerstochter Sigriður Tómasdóttir, der auch eine Gedenktafel am Fußweg zur Schlucht gewidmet ist, und deren Engagements gegen den Bau eines Wasserkraftwerks, können wir den Fortbestand dieses Naturwunders danken. Ihr Vater hatte einst den Wasserfall an die Regierung verpachtet, bereute seine Entscheidung aber schnell und verweigerte mit seiner Tochter die Annahme der Miete. Beide drohten damit sich die Schlucht hinunterzustürzen, sollte auch nur ein Spatenstich für ein Kraftwerk gemacht werden. Vor Gericht verloren sie zwar gegen die Regierung, aber letztendlich wurde der Bau nie begonnen. 1979 schließlich wurden Gullfoss, Schlucht und nähere Umgebung unter Naturschutz gestellt.
Der Tungufljót, bietet mit seinem Wasserfall "Faxi", nicht weit südlich vom Gullfoss gelegen, ein weiteres Wasserschauspiel. Unmittelbar neben der Straße nach Skálholt, der Biskupstungnabraut, leicht zu finden.
An der Straße Nr. 35 gibt es wahre Heerscharen der Islandpferde. Zutrauliche, friedliche Tiere (na ja, eins hat mich ein wenig gezwickt, weil ich seinen Nachbarn zu lange gestreichelt hatte), die für gewöhnlich weder Stall noch Tierarzt kennen. Noch mal eine Pferdemähne kraulen, war gleichzeitig auch ein wenig Abschied nehmen von der ach so eisigen Insel, die uns 14 Tage lang das Herz so sehr erwärmt hat.
...und einen Tag später rollen wir im Bauch dieses Iceland Express - Fliegers wieder im Heimatland ein. Nicht nur die -1°C am Flughafen Kevlavík am Morgen dieses 18. August stehen in krassem Gegensatz zu den in Schönefeld anzutreffenden 34°C. Viel schlimmer noch ist die Hektik, Rücksichtslosigkeit und die Unfreundlichkeit der Menschen hierzulande, die uns schon am Gepäckband wuchtig trifft... 14 Tage lang war uns so etwas völlig fremd! Am Liebsten würden wir wieder in den Flieger hinein wollen, der uns auf unsere Trauminsel zurückbringt. Aber die Trauminsel ist jetzt leider wieder eine Trauminsel. Mit der Gewissheit, diesen Traum wirklich erlebt zu haben, stürzen wir uns nun wieder ins deutsche Alltagsleben. Die Zeit auf Island hat uns mehr beeindruckt, mehr beschäftigt, mehr geprägt als je eine Reise zuvor und wenn wir zurückdenken, uns Fotos anschauen, isländische Bücher lesen, erfasst uns eine große innere Ruhe, obwohl wir meinen das Wasserfälle rauschen, heiße Quellen blubbern, Wale Fontänen in die Luft prusten, Schafe blöken.... und der Wunsch zur Rückkehr in dieses raue aber herzliche Land wird immer größer! Þetta reddast!