Trollhalbinsel (Tröllaskagi) und Húsavík
Unser "Stützpunkt" in Akureyri war der ideale Ausgangspunkt für eine Erkundung der Trollhalbinsel, einer reizvollen Welt aus Fjorden, Bergen und malerischen Fischerorten. Der erste Halt unserer Rundreise per Auto war im alten Fischerdorf Hjalteyri. Hier laden das Hafenbecken, leuchtend bunte Häuser und die alte Heringsfabrik, einst die größte in Europa, zum verweilen ein. Bei einer Tasse Kaffee und leckerem Kuchen lässt sich die Szenerie von der Terrasse des "Kaffi Lisa" bestens in Augenschein nehmen.
Aber im Kaffi kann man nicht ewig sitzen und so ging es zunächst weiter nach Árskógssandur, ebenfalls einem kleinem Fischerdorf, mit Fährverbindung zur Vogelinsel Hrísey. 11,5 km² groß, ist dies die zweitgrößte Insel Islands. 35 brütende Vogelarten zählt man hier, was wohl am konsequenten Jagd- und Eiersammelverbot liegt, zudem schafft es auch kein Fuchs oder Nerz hier an Land zu gehen. Direkt in dieses Paradies konnten wir leider nicht vordringen, weil wir nicht herausbekamen, wann eine Fähre geht... So ging es eben weiter, nächster Halt Dalvík.
Wir staunten nicht schlecht, als wir das Ortsschild Dalvík passierten. Menschen über Menschen und vor lauter Wohnwagen kaum Häuser zu sehen. Die Erklärung war schnell gefunden, am Tag vorher war "Fiskidagur", Fischtag! Fischer, fischverarbeitende Betriebe, aber auch Privatpersonen bieten die Delikatessen des Meeres feil. Ob isländischer Trockenfisch oder Fischsuppe aus Simbabwe, hier gibt es alles und dazu noch kostenlos, denn es darf nichts verkauft werden. Keine Wunder also, dass hier gut 20.000 Menschen hinpilgern! Schade nur, aber wirklich schade, dass wir einen Tag zu spät waren... Also weiter nach Ólafsfjörður!
Eine irre Fjordlandschaft empfängt uns sonnenüberflutet, nach Passage eines Tunnels, welcher jedem Schweizer Tunnelbauer den Angstschweiß auf die Stirn treiben würde. Ein wirklich abgelegener Ort, zwischen gut 1.100 m hohen Bergketten. Zudem ein Anglerparadies! Im Fjord gibt's Salzwasserfische und im Ólafsfjarðarvatn, einem mit dem Fjord verbundenen See, Süßwasserfische. Hier soll sich auch am eindrucksvollsten die Mitternachtssonne erleben lassen! Dafür waren wir im August aber etwas zu spät dran. Also noch das Naturkundemuseum angeschaut, mit einer großen Ausstellung zur isländischen Vogelwelt und mit einem der letzten auf Island geschossenen Eisbären bestückt. 1970 wurde das gewaltige Tier vor Grímsey, der einzigen Insel, an der Island den Polarkreis tangiert, geschossen. Ja, damals gab es noch richtig dickes und weit reichendes polares Eis! Weiter führt uns der Weg nach Siglufjörður.
Scheinbar von der Welt abgeschnitten liegt dieser bunte Ort ebenfalls am Ende eines Fjords. Kaum vorstellbar was hier einmal los war! Als bester Hafen an der Nordküste boomte hier einst der Heringsfang und die Verarbeitung des silberglänzenden Fisches, vornehmlich zu Salzhering. 200.000 Fässer Salzhering verließen 1916 diesen Ort und der Hafen war mit mehr als 1.000 Schiffen gut gefüllt. Aber irgendwann waren die Gewässer überfischt und was dann kam, kann man sich denken. Heute erinnert ein Heringsmuseum an die goldenen Zeiten und gibt einen tiefen Einblick in das Leben der Fischer und die Herstellung von Salzhering, Fischöl, Tran, Fischmehl usw.. Und ein Kaffi sollte man hier unbedingt aufsuchen, um im schönsten Sonnenschein die herrliche Landschaft in sich aufzunehmen.
Von Siglufjörður kommend fuhren wir weiter am, am nördlichsten Punkt der Trollhalbinsel vorbei, bis zur Ortschaft Ketilás. Hier zweigten wir auf die alte Passstraße, über die 409 m hohe Lagheiði ab. Landschaftlich zwar wunderschön, fordert diese waschbrettartige Schotterstraße dem Wagen und dem Fahrer alles ab. Wir waren wirklich froh, in Ólafsfjörður wieder Asphalt unter den Reifen und keinen ernsten Schaden am Auto zu haben. Aber bis dahin konnten wir neben dem kurvenreichen und teils heftig steilem Schotter Ausblicke in eine wahre Zauberwelt genießen. Schneebedeckte Berge, reißende Flüsse, malerische Seen und überall Schafe verlangten nach mehreren Fotopausen. Trotz aller erdenklicher Bemühungen gelang es uns aber nicht, in der magischen Welt der Trollhalbinsel, einen Troll vor die Linse zu bekommen. Einziger Wermutstropfen dieser erlebnisreichen Tour ;-)
Nach der Umrundung der Tröllaskagi ließen wir es Tags darauf etwas ruhiger, aber nicht minder erlebnisreich angehen. Húsavík war unser Ziel, die Wal-Hauptstadt Europas, an der fisch- und eben walreichen Skjálfandi-Bucht gelegen. Für isländische Verhältnisse ein recht großer Ort, immerhin gut 2.500 Einwohner zählend, hat er außer Walen noch einige Sehenswürdigkeiten zu bieten. Das Walmuseum ist ein Muss, die kreuzförmige Kirche mit ihrem 26 m hohem Glockenturm sollte man unbedingt besuchen und natürlich der Hafen, mit den bunten Tupfern der Häuser, der zur Whale-Watching-Tour ja eh ein Ziel ist.
Nach eingehender Erkundung von Húsavík nahmen wir gegen Mittag Platz im Bug unseres Whale-Watching-Schiffs namens Sylvía und hofften, dass unser Kapitän Óðinn Sigurðsson, genannt "The Sea Wolf", ein gutes Gespür für Wale hat. Das die Außentemperaturen auf dem offenen Meer für einen Mitteleuropäer, an einem 8. August etwas gewöhnungsbedürftig sind, kann man Kerstins Gesicht gut entnehmen. Trotzdem ging es voller Freude und Erwartung hinaus aus dem Hafen, auf die Spur der größten Säugetiere.
Kaum den Hafen verlassen, erblickt man nördlich die Insel Lundey, auch Puffin Island genannt, weil sich hier in den Sommermonaten um die 200.000 Vögel, hauptsächlich Puffins, Papageitaucher, tummeln. Einige der possierlichen Tierchen statteten uns auch einen Besuch am Schiff ab.
Nach gut einer Stunde auf See, die Finger waren steif gefroren, die Füße erbärmlich kalt, fingen wir die Hoffnung auf eine erfolgreiche Walbeobachtung an aufzugeben. Doch da hatten wir die Rechnung ohne unseren Sea Wolf gemacht. Plötzlich der Ruf "Wal auf 2 Uhr" und es begann ein reichlich einstündiges Schauspiel mehrerer Wale das uns nicht nur die Kälte, sondern alles um uns herum vergessen ließ. Wir bekommen noch heute eine Rückenbürste, wenn wir daran denken, wie diese riesigen U-Boote laut schnaufend auf unser plötzlich bedenklich kleines Boot zugeschwommen kamen, Wasserfontänen in den Himmel pusteten und mit einem lauten Klatschen ihrer Schwanzflossen wieder für einen Moment in der Tiefe verschwanden.
Die von uns beobachteten Buckelwale (oder Humpback Whale) erreichen bei einer Länge von bis zu 17 m, ein Gewicht von bis zu 48 to. Unsere Sylvía hatte 17,5 m und 30 to. Bloß gut dass wir diese Daten erst später recherchierten...
Die Zeit verging wie im Flug und leider ging es für uns viel zu früh zurück in den Hafen. Nicht ohne dass uns noch ein Wal auf diesem Weg beobachtete und 2 Delphine uns eine zeitlang, immer in der Bugwelle der Sylvía, begleiteten. Willkommen war uns der von der Crew gereichte heiße Kakao. Anfangs hatten wir noch gelästert, wie wir bei dem Seegang unfallfrei das heiße Getränk herunterbekommen. Aber nun, nachdem wir unsere Hände daran aufgetaut hatten, konnten wir mit großen Schlucken auch wieder ordentliche Wärme in uns hineinpumpen.