An der Südküste unterwegs - Krýsuvíkurberg, Strandarkirkja und Hveragerði
Das gute Wetter hatten wir aus dem Norden mitgebracht, also kein Grund im Süden lange auf der faulen Haut zu liegen. Raus in die Natur lautete die Devise! Aber zum Erreichen unseres ersten Zielgebietes, des Vogelfelsens Krýsuvíkurberg, musste unser guter KIA auf einer langen Schotterpiste harte Arbeit verrichten. Von Laugarvatn bis knapp hinter Þorlákshöfn geht es gut und zügig auf Asphalt voran, aber dann.... kommt ein viele Kilometer langes Waschbrett mit der Straßen-Nr. 427. Gut geschüttelt erreichten wir schließlich aber noch in den frühen Vormittagsstunden die Zufahrtsstraße zum Vogelfelsen, dem laut Reiseführern größten seiner Art in Island. Und hier die nächste Überraschung! Der Weg zum Parkplatz in der Krýsuvíkurheiði war, wenn überhaupt, nur mit besseren Allradfahrzeugen erreichbar. Läufer kann so etwas nicht erschüttern! Das Auto abgestellt und ab zu Fuß in die Heide! Der Sonnenschein war trügerisch, denn er wärmte nicht wirklich. Vom nahen Atlantik wehte eine frische Brise herüber, an welcher sich die dick bepelzten Schafe weniger störten als wir einsamen Wanderer.
Die Wanderung war in der Tat einsam aber auch wunderschön. Keine Menschenseele verirrte sich zu dieser Zeit hierher. Einzig Schafe und unzählige Vögel begleiteten uns auf dem Weg zur Küste. Nach Passage eines Hügels namens Selalda, immerhin 118 m hoch, war auch der Blick aufs Meer frei und wir konnten schon bald den kleinen Leuchtturm erkennen, zu dessen Fuß Papageientaucher nisten sollten. Aber bis dahin war es noch ein weiter Weg und so genossen wir erst einmal Tiefblicke von der Steilküste, die immerhin 50 bis 70 m über dem Meer aufragt.
Am Leuchtturm angelangt hielten wir natürlich sogleich Ausschau nach dem possierlichen (und wohlschmeckenden) Papageientaucher, auch Puffin oder auf isländisch Lundi genannt. Außer einigen Eierschalen, welche vom länger zurückliegenden Brutgeschehen zeugten, war leider keiner zu erspähen, auch nicht nach kleineren Klettereinlagen, welche einen besseren Einblick in die Felsen gestatteten, zugleich Kerstin aber auch den Angstschweiß auf die Stirn trieben. Aber immerhin geriet eine junge Möwe oder Lumme vor unser Objektiv, die sich sogar noch ordentlich in Position brachte, bevor der Auslöser der Kamera klickte. Wir gaben aber die Suche nicht auf und wurden schließlich doch noch belohnt. Ein gutes Dutzend der bunten Gesellen gönnte sich tief unten in der Brandung ein Wellenbad. Wir konnten gar nicht aufhören mit dem Zuschauen. Es ging aber nur durch das Fernglas, was das Erlebnis aber keineswegs trübte. Fotos gibt es natürlich auch, leider nicht website-fähig, denn unser Tele erwies sich als zu schwach...
Froh, die Puffins doch noch live erlebt zu haben, machten wir auf dem Rückweg noch einen Abstecher auf den Selalda und waren beeindruckt von der interessanten Felsformation, welche sich einem Drachenrücken gleich über den gesamten Hügel spannte. Was mag hier in der Geschichte von Mutter Erde vorgegangen sein, dass solche Gebilde entstehen ließ?
An den Osthängen entdeckten wir noch eine verlassene Hirtenbehausung, oder war es vielleicht sogar einer der magischen Orte der isländischen Sagas? Wer weiß? Ein interessanter Aussichtspunkt war es auf alle Fälle und nur noch 6 km von unserem Parkplatz entfernt.
Vom Winde verweht aber rundum zufrieden, fielen wir nach gut 3 1/2 stündiger Entdeckungstour in die Sitze des Autos. Das GPS zeigte reichlich 15 absolvierte Kilometer an. In dieser Zeit, auf dieser Strecke, waren uns gerade mal drei Gleichgesinnte begegnet!
Wiederum gut durchgerüttelt, machten wir unseren nächsten Halt an der Strandarkirkja, der reichen Strandkirche. Wenige Kilometer westlich von Þorlákshöfn gelegen, beim aus gerade mal 12 Häusern bestehenden Fischerdorf Selvogur (Seehundbucht), findet man diese richtig gut ausgestatte Kirche. Ein isländischer Bauer hatte diese der Erzählung nach im 11. oder 12. Jahrhundert errichtet, nachdem er an dieser Stelle mit seinem Schiff strandete. Im Sturm hatte er gelobt, wenn er heil an Land gelangen würde, an der betreffenden Stelle ein Gotteshaus zu errichten, mit dem Bauholz aus Norwegen, welches die Ladung des Schiffes ausmachte. Kaum hatte er das Gelöbnis gesprochen, leitete ihn ein Lichtengel in die Seehundbucht, wo er auf festen Grund auflief. Er hielt sein Versprechen... Einem vergoldeten Kelch und einem Teller aus dem Kircheninventar werden wundertätige Kräfte nachgesagt. Als Dankesgaben für Ebendiese erhält die Kirche nicht nur enormen Zulauf, sondern auch viele Geschenke aus aller Welt, für die erhörten Bitten. Damit wurde sie zu einer der reichsten Kirchen ganz Islands. Auch eine Skulptur aus hellem Granit, welche den Lichtengel darstellt, ist neben der Kirche zu bewundern.
Wir bewunderten aber auch vom Strand aus die Namensgeber der Bucht, beim Spiel mit den Wellen und im Seetang. Auch hier war das nur per Fernglas möglich, die drolligen Seehunde hielten nicht viel davon in unsere Kamerareichweite zu kommen.
Auf der weiteren Heimfahrt dann ein Abstecher zum Kerið, dem größten und markantesten Krater der Gruppe der Seyðishólar. Direkt neben der Straße Nr. 35 gelegen, welche bestens asphaltiert ein entspanntes Fahren bietet, gibt es praktisch einen erdgeschichtlichen Lehrpfad. 3.000-Jahre alte, feuerrote Schlacke erwartet uns am und im Krater, der eine Tiefe von 55 m aufweist und an seinem Grund einen blau-grünen See enthält. Der Krater kann auf seinem Rand sowie auch in seinem Inneren bewandert werden. Die weiteren Krater der Gruppe sind ebenfalls sehenswert, leider aber nicht mehr in dem perfekten Zustand wie der Kerið, weil die Schlacke früher abgebaut und für den Straßenbau verwendet wurde.
Tags darauf besuchten wir noch einmal die südlich des Þingvallavatn gelegenen Gebiete. Der Ort Hveragerði, was nichts weiter als "Garten der heißen Quellen" bedeutet, war Objekt unserer Begierde. Direkt an der Ringstraße gelegen, ein Katzensprung dieses mal für uns. Obwohl einige der heißen Quellen mehr oder weniger direkt im Ort ihre Arbeit tun, ist hier vom Massentourismus nichts zu spüren. Denn wer die wirklichen Naturwunder sehen will, der muss mindestens eine Stunde strammer Bergtour auf sich nehmen. Dafür ist der Lohn der Mühe sehr groß, insbesondere dann, wenn man wie wir Badesachen mit im Gepäck hatten.
Nach einer Stunde Wanderung gilt es erstmalig einen Bach zu durchqueren. Eigentlich abschreckend, bei einer Außentemperatur von 9°C die Schuhchen auszuziehen, aber.... barfuss durch fließendes lauwarmes Wasser zu spazieren ist dann doch ein Genuss für alle Sinne. Für den gelernten Mitteleuropäer kaum zu glauben!
20 Minuten weiter dann der Höhepunkt unserer Tour. 8°C Außentemperatur, dick vermummt ziehen die Reiter auf ihren Islandpferden an uns vorüber, während wir entspannt im 38°C warmen Bach liegen. Wunderbar, wir wollen gar nicht mehr heraus aus diesem natürlichen Hot Pot. Nur wenige Wanderer, vorwiegend Isländer, haben sich an diesem Tag mit uns dieses irre Vergnügen erschlossen. Schwer zu beschreiben, man muss es einfach erleben! Nach einer Stunde steigen wir dann schweren Herzens aus der warmen Flut, denn wir wollen das Gebiet noch weiter erkunden.
Eine reizvolle Weiterführung der Wanderung im Hengill-Gebiet ergibt sich ab der Badestelle mit der Umrundung eines Berges, mit dem leicht einzuprägenden Namen Ölkelduhnjúkur, welcher eine Höhe etwas über 400 m aufweist. Entgegen dem Uhrzeigersinn geht es auf ausreichend markierten Pfaden teils ordentlich steil und teils recht ausgesetzt zur Sache. Eine noch in unserer Karte verzeichnete Hütte existierte leider nur noch als Grundriss ihrer Mauern, im höher gelegenen Gelände. Allerdings weist die dazugehörige Toilette noch einen ordentlichen und vor allem nutzbaren Zustand auf. Mit Erreichen der Westseite des Ölkelduhnjúkur öffnete sich das tief gelegene Tal mit seiner Schönheit für unsere Blicke. Da darf vor Freude auch ein wenig geklettert werden, selbst wenn die Gattin ähnlich einer Fumarole zu fauchen beginnt. Den Talboden erreichten wir dann alsbald schon wieder, aber der Rückweg nach Hveragerði zog uns nicht weniger in seinen Bann als der Aufstieg. Nur die grandiose Idee, den Bach etwas oberhalb der Badestelle zu überqueren, um den Weg abzukürzen, bezahlte ich fast mit servierfertigen Eisbeinen, den Eigenen wohlgemerkt! Mit üblichen Badetemperaturen hatte das nichts mehr zu tun und ich hatte Glück, das wenige Meter entfernt ein kalter Quellbach zu Tal rauschte, der meine dampfenden Füße mit einem Zischen wieder auf Normaltemperatur brachte ;o)
Beim Abendessen in unserem Ferienhäuschen konnten wir einen tollen Blick auf die Hekla werfen. Das "Tor zur Hölle", gefürchtet und zugleich berühmt, zeigte sich ganz friedlich im Abendlicht, gut 60 km Luftlinie von uns entfernt. So bleib es auch zum Glück.... Letztmalig im Jahr 2000 brach dieser gewaltige Vulkan aus, welcher seit Jahrhunderten, in regelmäßigen Abständen, die Menschen in Angst und Schrecken versetzt.